FAQ Fernwandern

2019 habe ich als offiziell 13. Person den 2700 Kilometer langen Internationalen Fernwanderweg der Freundschaft von Eisenach nach Budapest, kurz EB, in einem sogenannten thruhike bewältigt. Seitdem erreichen mich beinahe täglich Mails von Menschen, die sich fürs Wandern und speziell für den EB interessieren und viele tolle Fragen haben. Ich würde wahnsinnig gerne alle persönlich beantworten, habe aber nicht immer die Zeit dazu. Deshalb gibt es hier die häufigsten Fragen mit meinen Antworten:

Eine Fernwanderung war schon immer mein Traum, aber ich fühle mich zu alt/dick/ängstlich/untrainiert/trottelig, um wirklich loszugehen

Ich bin nicht schlank. Laut BMI (von dem ich nichts halte), habe ich bedenkliches Übergewicht. Ich hatte keinerlei Fernwandererfahrung und große Angst, alleine wild zu campen. Ich komme wahnsinnig langsam voran und trottelig bin ich sowieso (Ich habe drei Monate lang meinen Kocher falsch zusammen gesetzt….). Aber Wandern ist etwas, dass wirklich jede:r kann. Es ist gehen und tragen, nicht mehr und nicht weniger. Man muss vorher weder abnehmen noch trainieren. Es reicht, sich eine gute Ausrüstung zuzulegen und loszugehen. Die Fitness kommt mit der Zeit von alleine. Was man anfangs (und meiner Ansicht nach generell) tunlichst vermeiden sollte: sich bestimmte Ziele setzen. Oft ist die Rede von 30 Kilometern/täglich. Das habe ich auf der gesamten Tour nur an fünf Tagen geschafft. Anfangs hat mich das unter Druck gesetzt, weil ich mich mit der Leistung von anderen verglichen habe. Einer der wichtigsten Momente auf der Tour war, als ich mich vom Leistungsdruck befreite: Mir war es ziemlich egal, wie ich die Berge hochkam, Hauptsache, ich kam sie hoch. Und ich habe mich im Kleinen gegen connecting footsteps und für make friends, not kilometers entschieden. Das heißt: Wenn es an gefährlichen Schnellstraßen entlang ging, habe ich lieber getrampt oder den Bus genommen.

Ich habe total Angst vor dem Zelten allein im Wald, und es ist ja auch eigentlich verboten.

Das war auch meine größte Angst. Ich stellte mir vor, was alles passieren könnte: Wildschweine, die mir mit ihren mächtigen Hauern die Oberschenkel aufschlitzen und mich bei lebendigem Leib fressen. Kapitale Dammhirsche, die über die Zeltschnüre stolpern und mein gut getarntes Zelt und mich platt walzen. Förster, die mich mit vorgehaltener Flinte aus ihrem Revier verjagen. Zwielichtige Gestalten, die sich mit unlauteren Absichten nachts im Wald herumtreiben... Aber schon in der ersten Nacht merkte ich wie mucksmäuschenstill es ist, so tief im Wald. Da ist nichts bis auf das Rauschen des Windes in den Wipfeln und das Zwitschern der Vögel im Morgengrauen. Mir hat es anfangs geholfen, mein Camp eher in der Nähe von Schutzhütten, Feuerstellen, Picknicktischen oder verlassenen Forsthütten aufzubauen. Davon raten andere thruhiker wiederum tunlichst ab, weil man so eher entdeckt werden könnte, als wenn man sich zwischen dichte Fichten stellt.
Am Ende habe ich wie ein Baby geschlafen, auch im tiefsten Wald. Aber jedes Mal, wenn ich eine neue Tour starte, fürchte ich mich anfangs wieder im Zelt. Was mich dann beruhigt: Ich weiß, es geht vorbei.

Man kann den EB auch ohne Zelt gehen. Die Etappen in den Wanderführern sind so ausgelegt, dass man jeden Abend in einem Ort/einer Pension/Berghütte landet. Für mich wäre das purer Stress gewesen, jeden Tag eine bestimmte Strecke schaffen zu müssen. Ich bin 1-2x die Woche in eine Unterkunft gegangen, zum Duschen und Wäsche auswaschen.

Wie kommt man an Wasser, insbesondere in den einsameren Gegenden? Wie viel Wasser hattest du mit?

Ich brauchte nicht nur Trinkwasser, sondern auch Wasser zum Kochen. Also hatte ich zwei 1,5 Liter-Flaschen mit. Eine Nalgene und eine stinknormale PET-Flasche. Ich habe mir angewöhnt, sie bei jeder Möglichkeit randvoll zu machen, denn verzeichnete Quellen sind gerade im Sommer oft ausgetrocknet. Die Nalgene-Flasche ist zwar schwerer als eine PET-Flasche, punktet aber mit einer großen Öffnung, so dass sie sich auch in kleinen Waschbecken gut auffüllen lässt, und mit einer Messskala, was gut ist, wenn man bestimmte Wassermengen zum Kochen abmessen muss. An Gaststätten und Friedhöfen kann man Wasser auffüllen. In Ungarn stehen in jedem Dorf blaue Pumphähne an der Straße, die für jeden frei zugänglich sind. Ich habe irgendwann die Scheu verloren, zur Not einfach an Wohnhäusern zu fragen. Ich hatte Mikropur-Tabletten dabei, die ich aber nur dreimal gebraucht habe. Einen Filter hatte ich nicht mit.

Welche Apps hast du zum Navigieren benutzt?

Ich hatte am Anfang nur die Wanderführer und habe mich ständig verlaufen. Später hatte ich dann die App OSMand+ und habe mir den EB von waymarkedtrails runtergeladen. So konnte ich auch Quellen, Supermärkte, Hütten etc. finden. Im slowakischen Gebirge war der EB anscheinend seit Jahren nicht mehr begangen, Schneebruch und Stürme hätten den Weg ohne die Offline-Karten unter umgekippten Fichten unauffindbar gemacht.

Welche Ausrüstungsgegenstände hattest du dabei?

Ich war nicht ultraleicht unterwegs, aber so leicht wie möglich. Mir war vor allem Schlafkomfort wichtig. Ich hatte ein ultraleichtes 2-Mann-Zelt von MSR plus Footprint, eine aufblasbare Isomatte inkl. Pumpsack von Exped und einen Daunen-Schlafsack. Nach dem ersten Schnee habe ich mir noch ein Seideninlay besorgt, das in den kalten Nächten ein bisschen Zusatzwärme gebracht hat und in den heißen als Schlafsack reichte. Zum Kochen hatte ich den UL-Spirituskocher von Trangia, Emailletasse, Göffel, Taschenmesser, Spiritus.
Meine Wandergarderobe bestand aus zwei Buffs, Handschuhen, 3 Paar Socken, drei Unterhosen, einer langen Hose, einer kurzen, zwei T-shirts (Merino), Longsleeve (Merino), Leggings (Merino), Fleecepullover, Regenjacke, Regenrock, Trailrunner. Meine Daunenjacke brauchte ich in den Bergen abends bis zum Schluss.
Für Ordnung sorgten 4 Packsäcke (einer für Klamotten, einer für Proviant, einer für Kosmetik und einer für Technik), ein schwarzer Müllsack als Regenschutz, wenn der Rucksack nachts draußen bleiben musste. Hikingstöcke, Powerbank, Stirnlampe, Kopfhörer, Ladekabel, Regenhülle fürs Handy. Seife, Sonnencreme, Zahnbürste, Zahnpasta, Zahnseide, Fettcreme, Labello. Erste-Hilfe-Set, Mikropur, Schmerztabletten, Blasenpflaster, Nähnadel, Jodsalbe.
Meine Luxusgegenstände waren Bikini, Flipflops und Tunika
Mein Rucksack fasst 53 Liter und mein Basisgewicht waren ca. 10 Kilo. Wenn der Proviantsack und beide Wasserflaschen komplett aufgefüllt waren, hatte ich auch mal 16 Kilo zu schleppen.

Wo finde ich Infos über den EB?

Fernwege
Eisenach-Budapest
Mein eigener Erfahrungsbericht und eine Tourenbeschreibung
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